Die IG Autorinnen/Autoren hat eine Erklärung zur aktuellen Flüchtlingspolitik der österreichischen Regierung initiiert. literadio begrüßt und unterstützt diese Erklärung:
Wir distanzieren uns.
Das aktuelle Verhalten der österreichischen Bundesregierung in der Fluchtkrise ist kontraproduktiv und inakzeptabel.Wir protestieren gegen die Politik des Hochziehens von Grenzzäunen, des Abschottens, wie zuletzt am Wiener „Balkangipfel“ beschlossen, sowie der Einführung willkürlicher numerischer Obergrenzen bei der Aufnahme von Asylsuchenden. Dies führt – wie zu erwarten war und unmittelbar Realität wurde – zu einem Stranden der Flüchtenden in Griechenland und direkt in eine menschliche Katastrophe. Die Lage im ohnehin schon unter hoher Belastung stehenden Griechenland, das aufgrund der Geographie und des Fehlens direkter Fluchtrouten in Binnen-EU-Staaten automatisch zum EU-Erstaufnahmeland für Flüchtende aus den Kriegsgebieten Syriens und Iraks wird, wird zudem durch uneinsichtige und undiplomatische Haltungen mancher nationaler Regierungen verschärft. Wir distanzieren uns entschieden von der Schuldzuweisung an die griechische Regierung und damit der völligen Entsolidarisierung mit der Bevölkerung der betroffenen Regionen, wie sie etwa von Seiten der österreichischen Bundesregierung praktiziert wird. Das Gerede von „Hausaufgaben“ ist herablassend, der Situation völlig unangemessen und zeugt höchstens von der Untauglichkeit der angewendeten Denkschemata. Das Gegenteil, also politische und finanzielle Solidarität mit den betroffenen Erstaufnahmeländern wie Griechenland und Italien, tut Not in einer sich anbahnenden humanitären Krise, für deren Verschärfung die gesamte EU verantwortlich ist und zu machen sein wird.
Wir fordern eine endlich gemeinschaftliche gesamteuropäische Lösung der Fluchtkrise durch konsequente Umsetzung oftmalig vorgeschlagener Maßnahmen: direkte Einreisemöglichkeiten ohne lebensgefährliche Überfahrten, rasche Überprüfung des Asylstatus, Aufteilung der Flüchtenden auf alle Länder der EU, schnelle und effiziente Integration. Das erfordert selbstverständlich auch den Willen, die dafür nötigen finanziellen Mittel aufzubringen, doch es ist in die Zukunft Europas investiertes Geld. In Sachen Finanzwirtschaftskrise war ein gemeinschaftliches Handeln schließlich auch möglich. Sollte die EU ein Schönwetterprojekt gewesen sein, das einzig dem Zweck des Austauschs von Waren und Geldströmen huldigt? Sollte etwa der Zerfall in nationale und nationalistische Projekte mit all dem inhärenten und hinlänglich bekannten Bedrohungspotential die europäische Zukunft sein, die den politisch Verantwortlichen vorschwebt?
Wir, die Unterzeichnenden, setzen uns für eine solidarische, humanitären und rechtsstaatlichen Prinzipien folgende echte europäische Gemeinschaft ein, die alles dazu tut, Menschen, die vor Krieg und Vernichtung fliehen, aufzunehmen und die in der sich zuspitzenden humanitären Krise allein gelassenen Erstaufnahmeländer wie Griechenland und Italien sofort und nachhaltig zu unterstützen. Wir fordern die umgehende Umsetzung aller dazu geeigneten Maßnahmen ohne jede weitere Verzögerung.
Martin Amanshauser, Gabriel Barylli, Christoph W. Bauer, Clemens Berger, Reinhold Bilgeri, Franz Josef Czernin, Dimitré Dinev, Erwin Einzinger, Gustav Ernst, Janko Ferk, Antonio Fian, Karin Fleischanderl, Olga Flor, Franzobel, Barbara Frischmuth, Petra Ganglbauer, Karl-Markus Gauß, Daniel Glattauer, Sabine Gruber, Wolf Haas, Josef Hader, Maria Haderlap, Sven Hartberger, Josef Haslinger, Markus Hering, Paulus Hochgatterer, Maria Hofstätter, Alois Hotschnig, Barbara Hundegger, Karin Ivancsics, Elfriede Jelinek, Jensen Nils, Jochen Jung, Veronica Kaup-Hasler, Ilse Kilic, Anna Kim, Magdalena Knapp-Menzel, Alfred Kolleritsch, Alfred Komarek, Ludwig Laher, Heinz Lunzer, Karl Markovics, Thomas Maurer, Lydia Mischkulnig, Felix Mitterer, Margareth Obexer, Kurt Palm, Erika Pluhar, Martin Pollack, Birgit Pölzl, Teresa Präauer, Ursula Prutsch, Doron Rabinovici, Julia Rabinowich, Christoph Ransmayr, Elisabeth Reichart, Willi Resetarits, Kathrin Röggla, Peter Rosei, Claudia Rossbacher, Eva Rossmann, Thomas Rothschild, Gerhard Ruiss, David Schalko, Robert Schindel, Ferdinand Schmatz, Sabine Scholl, Susanne Scholl, Raoul Schrott, Clemens Setz, Stefan Slupetzky, Michael Stavaric, Marlene Streeruwitz, Gerhild Steinbuch, Erwin Steinhauer, Cornelia Travnicek, Sylvia Treudl, Ilija Trojanow, Ulrike Truger, Vladimir Vertlib, Peter Waterhouse, Anna Weidenholzer, Renate Welsh, Fritz Widhalm, Andrea Winkler, Klaus Zeyringer
Wien, 3.3.2016